„Na, noch mal zwei?“

„Na, noch mal zwei?“

6. Oktober 2018 0 Von Kathrin

Wie gut kann ich mich an diese Frage erinnern, als ich zum zweiten Mal mit aufgedunsenem Gesicht und breiten, platten Füßen, hochschwanger, durch die Gegend watschelte. „Japp, wieder Zwillinge.“, so lautete irgendwann meine unoriginelle, sachliche Antwort. Kein Tamtam, keine witzigen Sprüche – sehr untypisch für mich. Wer mich kennt, der sah sofort: Der sitzt die pure Angst im Nacken.



Jede 40. Geburt weltweit ist heutzutage eine Zwillingsgeburt. Regional gibt es da allerdings große Unterschiede. In Deutschland spricht man grob von jeder 100. Geburt. Keine geringe Wahrscheinlichkeit. Die Gründe für diese recht große Häufigkeit sind klar. Die Mütter werden immer älter, im Alter steigt die Chance auf mehrfache Eisprünge. Viele Paare können dank moderner Medizin der Befruchtung einen unnatürlichen Schubs geben. Aus mehreren befruchtet eingesetzten Eiern entstehen nicht selten Mehrlinge. Schön und gut – all das gilt nicht für mich.
„Im Gegensatz zu eineiigen Zwillingen ist bei zweieiigen Zwillingen eine familiäre Häufung nachgewiesen.“, so Wikipedia. Ich gehe gedanklich meinen Stammbaum durch. Nichts. Dann den meines Mannes. Nichts. Keine Zwillinge weit und breit. Und trotzdem kann ich mich nun einreihen in die Riege der Roger Federer oder Sandy Meyer-Wölden, wenn sich bei letzterer auch noch ein Einling eingeschlichen hat.
Leider bin ich aber weder eine erfolgreiche Sportlerin, noch ein prominentes It-Girl, auch wenn meine Prominenz seit der doppelten Zwillingsschwangerschaft zumindest in unserem 5000-Seelen-Örtchen immens gestiegen ist. Ich weiß noch, wie ich bei einem Besuch bei meinem Gynäkologen während der zweiten Schwangerschaft im Wartezimmer saß, um mich herum ungefähr vier weitere Schwangere. In Wartezimmern habe ich grundsätzlich das Bedürfnis, alle anderen Wartenden vollzuquatschen, weil ich mich überhaupt nicht für Zeitschriften begeistern kann und sinnloses vor mich hin Stieren auf Dauer recht öde finde. Also kamen wir alle ins Gespräch und ich berichtete bald von meiner zweiten Zwillingsschwangerschaft und alle vier Frauen, ich kannte keine von ihnen, riefen im Chor: „Ach, du bist das!“
Leider bringt mir diese Bekanntheit gar nichts außer viele nette Gespräche. Denn natürlich will jeder mal schauen, wie die Zwillinge sich so machen, oder wissen, ob ich denn zu recht komme und wie das Leben mit vier kleinen Kindern so ist.
„Viel Arbeit“ oder „Na da wissen Sie am Abend aber, was sie am Tag so gemacht haben!“, sind die gängigen Kommentare, die ich so etwa zwischen einem und zehn Mal am Tag zu hören kriege. Mein Frauenarzt meinte, er hätte den Fall zweier Zwillingsschwangerschaften hintereinander bei ein und derselben Frau noch nie gehabt und dass ich ein Fall fürs TV wäre. Aber niemand kam. Und der Typ „Reality-TV“ bin ich wohl auch nicht so ganz. Nicht einmal der Bürgermeister hatte einen besonderen Glückwunsch für mich übrig. Lediglich das Begrüßungsschreiben an die Zwillis lag irgendwann im Briefkasten. Standard. Also musste ich da ohne viel Geld, ohne Glitzer und ohne Blitzlicht durch. 

Doppeltes Lottchen oder nur zeitgleich ausgetragene Geschwister?

Als ich von den zwei Würmchen erfuhr, die sich in meinen Bauch kuschelten, fragte ich mich natürlich, ob es sich dabei um eineiige oder zweieiige Zwillinge handelte. Der Gedanke an zwei völlig identische Kinder gefiel mir sehr, also wünschte ich mir lange, dass es ein Ei war, das sich in meinem Unterleib geteilt hatte. An all die lustigen Dinge dachte ich dann, die die beiden erleben würden und an das dicke, fette Band, das ein Leben lang zwischen ihnen sein würde. Ich fragte mich, ob ich die beiden immer unterscheiden würde können und freute mich schon auf 1,0-Abiturabschlüsse, wenn jeder für sich und den anderen nur in die Prüfungen gehen könnte, die ihm auch liegen.
So richtig eindeutig sagen konnte uns das kein Frauenarzt. Es hieß, wir sollten bei der Geburt irgendwelche Eierschalen zählen lassen. Doch in den völlig wirren Geburtsstunden von Zwilli 1 und 2 war an so etwas nicht zu denken.
Und wie sich nach der Geburt schnell herausstellte, war das auch gar nicht nötig. Denn optisch unterschieden sich die beiden sofort total. Und auch in ihrer Entwicklung gab es schnell eindeutige Unterschiede zu erkennen. Zwilli zwei wuchs viel schneller und nahm ordentlich an Gewicht zu. Noch heute ist Zwilli 1 fast 10 Centimeter kleiner als sein eigentlich „kleiner“ Bruder, wenn auch nur eine Minute jünger. Eindeutig zweieiig also. Was auch direkt die zweite Zwillingsschwangerschaft erklärt. Haben Frauen nämlich bereits zweieiige Zwillinge, so zeigt das, dass sie zu doppelten Eisprüngen neigen, und somit ist die Chance, bei der Empfängnis mehr als nur ein Baby zu machen, immer recht hoch. Wie spannend wäre es doch zu wissen, was eine dritte Schwangerschaft mit sich brächte. Da logistisch allerdings schon vier Kinder eine Herausforderung sind, hab ich mir jetzt lieber mal die Dreimonatsspritze setzen lassen.