Wo Zwillingsmamas Hilfe holen können

Wo Zwillingsmamas Hilfe holen können

9. Oktober 2018 0 Von Kathrin

Wenn man Kinder hat, merkt man erst, wie wichtig Familie ist. Es gibt Dinge, die sind einfach viel schwerer mit Kind zu organisieren, als man sich das im Vorfeld vorstellt. Mit einem Kind als nicht alleinerziehendes Elternteil mag das alles noch gehen, aber steigt die Kinderanzahl wird es deutlich problematischer. Im ersten Lebensjahr meiner Jungs habe ich überhaupt keine Termine für mich gemacht. Ich war nicht beim Zahnarzt, nicht beim Frisör, bei keinem Rückbildungskurs und nicht einmal zur Nachsorgeuntersuchung beim Frauenarzt. Ich war damals so verkrampft, dass ich die beiden keine Sekunde ohne mich sein lassen wollte. „Sie brauchen doch ihre Mama!“, hab ich stets gedacht. Das war natürlich totaler Quatsch und völlig überzogen. Ein einziges Mal versuchte ich, mit meiner Schwester in unserem Fitnessstudio einen Zumba-Kurs zu besuchen. Bald schon schellte mein Telefon und der verzweifelte Papa schrie nach Hilfe. Zu Hause fand ich dann zwei herzzerreißend schreiende Babys und einen völlig fertigen Papa plus eine völlig überforderte Oma. Ich war gerade mal eine Stunde weg gewesen und hatte beide vorschriftsmäßig vorm Verlassen des Hauses mit Muttermilch vollgepumpt. Nach dieser Erfahrung ließ ich ähnliche Versuche erst einmal bleiben. Und so gab es mich in diesem Jahr überhaupt nicht. Ich war Dienstleister, dessen 24-Stunden-Job darin bestand, die Bedürfnisse zweier Hosenscheißer zu bedienen. Und zwar stets und sofort. Aber irgendwie tat ich das auch gern. Und genau das ist der Punkt. Ich habe mir meine Grube selbst gegraben. Ich war so fixiert auf diese beiden Kinder, dass ich ihnen unterbewusst suggerierte: Ohne Mama ist alles doof. Das glaube ich heute zumindest. Vielleicht war der eine Zumba-Abend auch einfach bloß schlechtes Timing und die ganze Sache hätte am nächsten Abend viel besser funktioniert. Bei Zwilli Nummer 3 und 4 war dieses Gluckenverhalten gar nicht möglich. Weil es Zwilli 1 und 2 schon gab und die ihre Mama auch noch brauchten. Also überlegte ich mir im Vorfeld schon, wie ich gewisse Dinge entschärfen konnte.

Punkt 1: Einstellung ändern – Abgeben können

Ich musste definitiv an meiner Einstellung arbeiten. In meiner Erziehung wurde mir irgendwie eingetrichtert, dass nach Hilfe fragen Schwäche zeigt. Man hat die Dinge allein zu schaffen. Meine Eltern hätten gesagt: „Du sollst dich doch nur um zwei Babys kümmern und kein Heilmittel für Krebs erfinden. Jetzt hab dich mal nicht so.“ Und so lebte ich in der Anfangszeit mit Zwilli 1 und 2 auch. Egal wie fertig ich war, ich machte weiter. Immer. Ich war nie krank und musste mich nie ausruhen. Das hat mich wahnsinnig geschlaucht und ich bin mir sicher, die ersten grauen Härchen, die ich ab und an auf meinem Kopf entdecke, stammen aus dieser Zeit. Bei Zwilli 3 und 4 kam es ganz anders. Von Anfang an ließ ich die beiden auch mal „in Ruhe“. Meine ersten Zwillinge musste ich zwanghaft immer im Auge behalten. Zwanghaft. Selbst wenn sie schliefen (zu Beginn taten sie das oft im Wohnzimmer in einer Art Stubenwagen), starrte ich sie permanent an. Atmungscheck, Pulscheck, Herzschlagcheck. Oder einfach nur mal schauen, wie süß sie doch sind. Aber permanent anstarren. Unbedingt. Ich rannte förmlich aufs Klo und wieder zurück, damit ich ja keine Sekunde ihres Nichtstuns verpasste. Ich war wie auf Droge. Voll auf Oxytocin. Als ich mit Zwilli 3 und 4 heim kam, wollten Zwilli 1 und 2 natürlich wie gewohnt mit mir spielen, kuscheln, leben. Und das wollte ich ihnen auch bieten können. Also installierte ich mir ein Babyphone und ging (für meine bisherigen Verhältnisse) extrem weit weg von den schlafenden Zwillis 3 und 4. Ich ging mit den Jungs in den Garten, auf den Hof, auf unsere Straße. Wir spielten Ball, fuhren Laufrad und hatten jede Menge Spaß. Wenn die Mädchen riefen, ging ich natürlich zu ihnen. Mit Zwilli 1 und 2. Wir stillten gemeinsam, streichelten gemeinsam und kuschelten gemeinsam. Wir hatten eine tolle Zeit. Ich war extrem glücklich und entspannt. Auch wenn wir unterwegs waren in Familie, dann ließ ich meinen Mann viel häufiger mit den Mädchen im Kinderwagen allein, als ich das bei den Jungs je getan hätte. Papa war ja da und er hätte mich schon geholt, wenn`s brenzlich geworden wär. Ich war ganz normal und ließ ab und zu auch mal los. Das tat allen gut.

Punkt 2: Den Haushaltskram vom Hals schaffen

Als nächstes besorgte ich mir vor der Geburt der zweiten Kinder eine Putzfrau. Dank meiner wiederholten „Gemini-Schwangerschaft mit Zustand nach Kaiserschnitt“ war es auch kein Problem, sich die bereits in den letzten Monaten der Schwangerschaft größtenteils von der Krankenkasse bezahlen zu lassen. Nach der Geburt hätte ich einen neuen Antrag stellen müssen und mir von meinem Arzt erneut diverse Unterlagen ausfüllen lassen müssen, wozu ich allerdings zu bequem war. Ich hätte die Putzfrau mit Sicherheit noch eine ganze Weile bezahlt bekommen. Meine Haushaltshilfe, die etwa so alt wie ich war und auch einen Sohn im Alter von Zwilli 1 und 2 hatte, wurde schnell zu einer Vertrauten für mich. Das war sehr praktisch, denn so erledigte sie Dinge für mich, die nicht unbedingt im Standardrepertoire einer durchschnittlichen Putzfrau enthalten sind. „Kannst du meine Klamottenschränke aussortieren? Alle Babysachen in Größe 56 können raus!“ oder „Fährst du auf dem Weg fix an der Selbstpflückerwiese vorbei und bringst mir einen großen Strauß Blumen mit?“ waren Aufgaben, die ich ihr neben der Reinigung der Bäder, Fenster und Böden gab. Noch dazu hatte ich jemanden zum Quatschen. Sie war seit der Geburt ihres Kindes regelmäßig frustriert über ihren Nichtsnutzfreund und Vater des Kindes, dessen Hauptbeschäftigung Schlafen hieß und der unter „Zeit mit dem Kind verbringen“ verstand, dem Kleinen ein Smartphone mit diversen Kindervideos in die Hand zu drücken. Und so konnten wir uns gemeinsam auslassen über die Ungerechtigkeiten dieser Welt und nebenbei glänzte mein Haus, wenn sie ging. Jetzt, wo Zwilli 3 und 4 auch schon wieder 16 Monate alt und ziemlich pflegeleicht sind, komme ich leider wieder ganz gut allein zu recht, weshalb ich sie auch nur noch selten zu mir bestelle, um mir das Geld zu sparen. Schön war die Zeit aber trotzdem.

Punkt 3: Zwei Kindergartenplätze mussten her

Über das Thema „Kindergarten – ab wann?“ könnte ich jetzt ganze Romane verfassen, was ich mir aber lieber für einen eigenen Blogbeitrag aufhebe. Für mich war immer fakt: Meine Kinder gehen erst mit 3 Jahren in den Kindergarten. Für Zwilli 1 und 2 hatte ich zwei Plätze in unserem Waldkindergarten gesichert, da ich dieses Modell für die frühe Kindheit absolut perfekt finde. Der Waldkindergarten nimmt allerdings erst Kinder ab 3 Jahren auf. Zwilli 1 und 2 sollten aber erst 2,5 sein, wenn ihre Schwestern das Licht der Welt erblickten. Dass es wieder zwei werden, war nicht geplant. Mein Plan war, mir mein EINES, neues Baby in eine Trage zu packen und weiterhin mit Zwilli 1 und 2 um die Häuser zu ziehen. Aber zwei Kinder tragen? Das habe ich versucht. Und auch wenn viele Ratgeber meinen, dass das super funktioniert, für mich hat es nicht funktioniert. Ich hatte mir sogar einen Zwillingstragesack bestellt und ihn auch einmal benutzt. Vom Tragegefühl her war es okay, aber wenn ein Baby unruhig wurde, weil es zum Beispiel die Windel gewechselt haben wollte oder an die Brust wollte, so musste ich beide Babys aus der Trage fummeln, was schon nicht so einfach war, man durfte nämlich nicht nur ein Baby im Sack lassen, weil das Kind sonst schief hing. Also musste man beide Kinder rausholen, das zweite entweder einfach auf den Boden legen oder eine nette Person finden, die es halten wollte, um dann die Bedürfnisse des ersten Babys zu befriedigen. Das war mir einfach viel zu umständlich. Hätte ich damals gewusst, dass Zwilli 3 und 4 so gechillte Babys werden, wie sie wurden, die sogar gern und ewig im Kinderwagen liegen, hätte ich vielleicht nicht nach einer schnelleren Kindergartenlösung gesucht, sondern das halbe Jahr noch irgendwie überbrückt. Meine Angst im Vorfeld vor der Geburt der zweiten Kinder sorgte aber dafür, dass ich sämtliche Kindergärten in der Umgebung durchtelefonierte, meine Situation schilderte und nach freien Plätzen fragte. Natürlich hatte keiner freie Plätze. Also rief ich beim hiesigen Jugendamt an und machte ordentlich Druck. Schließlich hat jeder per Gesetz ab einem Kindesalter von 2 Jahren Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Und prompt klingelte mein Telefon und der nächstgelegene Kindergarten hatte nun doch zwei freie Plätze. Verrückt. Man muss wohl nur hartnäckig sein und so tun, als sei man selbstbewusst. Circa 6 Wochen vor dem geplanten Entbindungstermin begann die Eingewöhnung und diese Zeit reichte gerade so. Denn wie wir ja schon so oft feststellen konnten, konnten wir uns schwer voneinander lösen, Zwilli 1 und 2 und ich. Als sie 3 wurden, begann ich mit der Eingewöhnung erneut in meinem Wunschkindergarten im Wald, wo nun alles perfekt ist.
Der Übergangskindergarten war okay, ich war zufriedener, als ich erwartet hatte. Unterm Strich denke ich, es war die richtige Entscheidung, die Jungs schon mit 2,5 in den Kindergarten zu geben, schließlich hatten Zwilli 3 und 4 auch ein Recht auf intensive Alleinzeit mit Mami.

Punkt 4: Unterstützung innerhalb der Familie klar machen

Wir haben das Glück, dass die komplette Familie meines Mannes in unmittelbarem Umfeld wohnt. Es gibt Oma und Opa direkt im Haus (ein Segen, manchmal aber auch Fluch), Bruder mit toller Schwägerin zwei Straßen weiter, Onkels und Tanten, Cousins und Cousinen in Nachbardörfern und viele Freunde, die fleißig ihre Hilfe anboten. Ich hatte das Gefühl, nicht allein zu sein. Ein wenig traurig machte mich immer, dass meine Familie, komplett in Deutschland verteilt, sehr weit weg wohnt und somit als potentielle Helfer ausfielen. Dennoch hatten wir genug Menschen um uns, die bereit waren, uns zu unterstützen. Hier und da habe ich Gebrauch davon gemacht, allerdings war es meist gar nicht nötig. Die Situation zu Hause mit Zwilli 3 und 4 war so entspannt, dass ich von Außerhalb kaum Hilfe rufen musste. Toll war natürlich immer, dass ich Zwilli 3 und 4 nie aus dem Schlaf reißen musste, um ihre Brüder aus dem Kindergarten abzuholen oder sonstige Wege zu erledigen. Einfach das Babyphone runter zur Oma und tschüssi. Lange war ich ja nie weg. In solchen Situationen war ich sehr dankbar, meine Schwiegermutter, mit der ich mich zum Glück gut verstehe, so nah bei uns zu haben.

Punkt 5: Außerfamiliäre Hilfe suchen

Durch das für mich so anstrengende erste Lebensjahr der ersten Zwillinge wollte ich für die Geburt der zweiten perfekt vorbereitet sein. Also informierte ich mich, welche Organisationen es gibt, die junge Familien unterstützen. Und davon gibt es einige. Die Caritas zum Beispiel ist ein super Ansprechpartner. Die hat ein sogenanntes Patenschaftsprojekt entwickelt, bei dem vor allem ältere Menschen ein- bis zweimal die Woche für ein paar Stunden vorbeikommen, um mit den Kindern zu spielen. Auch für die Unterstützung im Haushalt bietet die Caritas Möglichkeiten. Ein Anruf und schon war ich für einen Paten vorgemerkt. Ich sollte mich melden, wenn es denn so weit wäre. Diese Option nahm ich allerdings nie in Anspruch, weil es schlichtweg nicht nötig war. Aber das Wissen, dass es solche Hilfen gibt, hat mich immens beruhigt.